Kampf der Giganten

Eigentlich sind es keine Giganten.

Eigentlich ist es Frau Hegetschweiler und ich.

Und die Frau von der Mercerie heisst auch nicht Frau Hegetschweilder.

Ich vermittle nur ein Stimmungsbild.

 

Aber ein Kampf ist es allemal.

Jedes Mal.

 

Diejenigen, die nicht wissen was eine Mercerie ist, sind vermutlich (noch)keine begeisterte Näherinnen und Näher und kriegen (noch) keine Begeisterungs-Wohlgefühle, wenn sie Bommelbordüren und zweifarbige Reisverschlüsse sehen. 

(Mein Favorit: violett/gelb)

Diese gibt's wie gesagt in Mercerien oder auch Stoffläden.

 

Und jedes Mal, wenn ich in solchen Läden was kaufe, prallen da zwei Welten zusammen.

 

Ich lasse mich inspirieren. Wähle Stoffe, die mir taugen (egal wie sie heissen). Möchte Bordüren kaufen, die mir taugen (egal für was sie gedacht waren).

 

Auf der anderen Seite Frau Hegetschweiler, Rust, Gebendinger, what ever.

Sie hat eine solide Damenschneiderlehre hinter sich.

Sie weiss wofür man Greifer, Overlock Einschlagefäden & Nahtzugabe benötigt 

und ihr freches Sommerkleid hat sie wahrscheinlich selbst genäht.

 

Und obwohl ich meine Herangehensweise tendenziell sympathischer finde, fühle ich mich manchmal hundeelend, wenn ich kläglich mein verstaubtes Handarbeitsvokabular herauskrame und ihr halbherzig mein vages Vorhaben schildere. 

Dass ich das Wort "Saum" korrekt anwenden kann, macht mich stolz. Damit enden jedoch leider bald meine Vorkenntnisse.

 

Ich liebe nähen. Ich liebe Neonfäden. Ich liebe Bänder. Ich liebe Rüschen. Ich liebe sogar die Bezeichnung spezifischer Stoffe (Vichy, Hahnentritt, Manchester, Pasley).

 

Aber in solchen Momenten fühle ich mich klein.

 

Und wenn ich nach halbwegs erfolgreicher Kommunikation oder zumindest abgeschlossenem Kaufprozess auf die Strasse laufe, gehe ich doch mit mit erhobenem Haupt.

Meine Minderwertigkeitsgefühle gemischt mit wildem Stolz.

 

Und wenn ich danach an ihrem grell beleuchteten Burda-Nähmaschinen-"mach bei uns einen Workshop"-corner vorbeigehe, denke ich doch: "Pff!

Unter meiner Würde."

 

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